Interview mit dem IKF-Dozenten Prof. Dr.-Ing. Klaus North
IKF: Herr Prof. North, Sie lehren internationale Unternehmensführung an der Wiesbaden Business School und entwickeln in Forschung und Praxis anwendungsorientierte Konzepte zur wissensorientierten Unternehmensführung. Dieses Thema unterrichten Sie seit vielen Jahren auch im CAS Wissensmanagement & Organisationales Lernen am IKF. Was hat bei Ihnen zur Faszination dieser Themengebiete geführt und welche Schlüsselmomente waren dabei massgebend?
Klaus North: Mein Interesse am Wissensmanagement hat eine Reihe von Wurzeln: mein Interesse an Selbstorganisationsprozessen aufgrund meines arbeitswissenschaftlichen Hintergrunds, die Problematik des impliziten Wissens in der Entwicklungszusammenarbeit und nicht zuletzt meine Kritik an mechanistischen und deterministischen Managementmodellen unter dem Motto „ich plane und kann dann erzwingen, dass es auch so wie geplant passiert“. Schlüsselmomente hatte ich viele in der Praxis, wo Mitarbeiter mit ihrem Wissen Managemententscheidungen „intelligent korrigieren“ und so das Funktionieren der Organisation sicherstellen.
IKF: Welche Entscheidungen und Erfahrungen in Ihrem bisherigen Werdegang schätzen Sie rückblickend als ausschlaggebende Meilensteine ein?
Klaus North: Prägend war für mich die Entscheidung, nach der Promotion für einige Jahre im Regionalbüro des International Labour Office (ILO) für Südamerika in Lima (Peru) zu arbeiten. Die dort gemachten Eindrücke, Erfahrungen und Kontakte haben mein Interesse an der Thematik des Wissenstransfers und der Kleinunternehmensentwicklung geweckt. Auch heute haben noch viele meiner Projekte einen Südamerikabezug (z.B. http://www.dynamic-sme.org/es1/index.php).
IKF: Sie arbeiten seit über 10 Jahren als Gastdozent am IKF und werden als einer unserer renommiertesten Experten sehr geschätzt. Was denken Sie, macht Sie als Dozierenden unverwechselbar?
Klaus North: In den Reflexionsrunden am Ende meiner Kurse sagen die Teilnehmenden häufig, dass sie die Verbindung von Theorie und Praxis schätzen. Insbesondere die vielen Praxisbeispiele zeigen den Teilnehmern, wie sie Wissensmanagement gewinnbringend in ihren Organisationen verankern können.
IKF: Was gefällt Ihnen besonders am Unterricht am IKF und weshalb?
Klaus North: Ich schätze die interessierten, kritischen und engagierten Teilnehmer, die vielfach auch ihre Fragen aus der Praxis mit in den Kurs bringen.
IKF: Welche thematischen Schwerpunkte lehren Sie im CAS Wissensmanagement?
Klaus North: Ich konzentriere mich insbesondere auf die Implementierung von Wissensmanagement. Hierbei vermittle ich ein Menü von Möglichkeiten und leite die Teilnehmenden an, daraus eine „schmackhafte Mahlzeit“ für ihre Organisation zu entwickeln.
IKF: Wie schätzen Sie als Fachspezialist die künftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Rolle von Wissensmanagement in der Schweiz, aber auch international ein?
Klaus North: Die Fragestellungen und Methoden des Wissensmanagements finden zunehmend Eingang in den Mainstream des Managements. Ein Beispiel hierfür ist die Verankerung des Wissensmanagements in der neuen Norm ISO 9001:2015. Wissensmanagement wird zukünftig weniger als eigenständige Disziplin wahrgenommen werden, sondern wird selbstverständlicher Teil des Managementhandelns.
IKF: Welche konkreten Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Wissensmanagement? Welche Entwicklungen dürfen wir diesbezüglich noch erwarten?
Klaus North: Entlang der Wissenstreppe wird die Digitalisierung eine Reihe von Auswirkungen haben: Intelligente Systeme ermöglichen es, grosse Datenmengen besser zu strukturieren, Informationen vielfältig aufzubereiten und Entscheidungen vorzubereiten. Neue Medien der Kommunikation wie Soziale Netzwerke, Plattformen zur Collaboration oder Instant Messaging fördern auch standortübergreifend Zusammenarbeit und Wissensaustausch. Standardabläufe und solche, die mit Algorithmen abbildbar sind, werden zukünftig weitgehend automatisiert ablaufen. Das Wissensmanagement 4.0 wird einerseits das Wissen über solche Routinen und Algorithmen entwickeln und absichern und andererseits kritische Reflektion, rasche Problemlösung für neuartige Fragestellungen und Innovation unterstützen.
IKF: Im brandneuen CAS Marktchancen nutzen* werden Sie als Hauptexperte fungieren. Was macht diesen CAS gesamtgesellschaftlich bzw. -wirtschaftlich aktuell und relevant?
Klaus North: Wir leben aktuell in einer turbulenten, rasch veränderlichen Zeit. Unternehmen und Organisationen müssen neben dem Tagesgeschäft kontinuierlich neue Marktchancen erkennen und entwickeln. Dies bedeutet für das Management, sich für Zukunftsaufgaben frei zu spielen und eine Mannschaft aufzubauen, die unternehmerisch denkt und handelt, die Initiativen ergreift, Geschäftspotenziale umsetzt und an Aufgaben wächst.
Mit dem neuen projektorientierten Angebot CAS Marktschancen nutzen entwickelt das IKF die Veränderungsfähigkeit von Organisationen, indem Geschäftsentwicklung & Lernen & Transformation systemisch integriert und realisiert werden. Im Mittelpunkt des CAS stehen die Geschäftsentwicklungs- und Veränderungsprojekte der Kursteilnehmenden und ihrer Unternehmen. Mit der Realisierung der Projekte werden Lernziele verknüpft. Am Ende des CAS ist nicht nur ein Projekt mit konkreten Geschäftsergebnissen realisiert, sondern die Kursteilnehmenden sind befähigt, Führungs- und Veränderungsaufgaben zu übernehmen. Ausserdem ist ein Organisationsentwicklungsprozess nah am Geschäft auf den Weg gebracht.
IKF: Wem würden Sie diesen Kurs empfehlen? Für welche Berufsgruppen ist ein umfassendes Know-How über die Nutzung von Marktchancen besonders attraktiv?
Klaus North: Der CAS richtet sich insbesondere an Geschäftsführer, Fach- und Führungskräfte aller Branchen, Kompetenzträger aus Personal- und Organisationsentwicklungsbereichen, Projektleitende, Berater, Trainer und Coaches.
IKF: Die Liste an von Ihnen verfassten Publikationen ist lang und vielfältig. Welche wissenschaftlichen Projekte beschäftigen Sie aktuell?
Klaus North: Unter dem Arbeitstitel „Wissensmanagement 4.0“ untersuche ich in einem Netzwerk von Kollegen, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf das Wissensmanagement haben kann.
Eine ganze andere Thematik beschäftigt mich in Zusammenarbeit mit der Universität Antofagasta im Norden Chiles: Hier geht es um die Entwicklung von Dienstleistungen lokaler Kleinunternehmen für die Kupferminen der Region, um Importe zu substituieren. In einer weiteren Forschung untersuchen wir, wie Kunden und Nutzer systematisch in Innovationsprozesse einbezogen werden können. Das sind also einige Beispiele meiner vielen anwendungsbezogenen Forschungsaktivitäten.
IKF: Sie haben sich in Bezug auf wissensorientierte Unternehmensführung und Wissensmanagement in Forschung und Lehre einen internationalen Namen gemacht. Gibt es auch etwas, das Ihnen nicht liegt?
Klaus North: Künstlich gesuchte Themen ohne praktische Relevanz.
IKF: Welche beruflichen und persönlichen Zukunftsziele verfolgen Sie?
Klaus North: Ich möchte auch in Zukunft die Idee intelligenter, humaner und demokratischer Organisationen in einer aufgeklärten und toleranten Gesellschaft weiterverfolgen sowohl in der Lehre, der Forschung als auch in meinem bürgerschaftlichen Engagement.
IKF: Vielen Dank für die spannenden Einblicke, lieber Herr North!
Ausgewählte Publikationen von Prof. North:
North, K.: Wissensorientierte Unternehmensführung, Springer-Gabler 2016 (6. Auflage)
North, K.; Brandner, A., Steininger, T.: Wissensmanagement für Qualitätsmanager. Wiesbaden: Springer Gabler- Essentials 2016
North,K.; Reinhardt, K. und Sieber-Suter, B.: Kompetenzmanagement in der Praxis, Wiesbaden: Springer Gabler 2013 (2. Auflage)
*Diesen Kurs bieten wir nicht mehr an. Als vergleichbaren Kurs empfehlen wir Ihnen den Online CAS Next Generation Business Management.